Wenn die Demokratie wegschaut: Unser Einsatz für die Frauen Afghanistans bei der “Langen Nacht der Demokratie“ in Kehl
Wenn die Demokratie wegschaut: Unser Einsatz für die Frauen Afghanistans bei der “Langen Nacht der Demokratie“ in Kehl
Am Abend des 2. Oktober öffnete die Stadt Kehl die Türen des Kulturhauses zur zweiten „Langen Nacht der Demokratie“ – einem Abend, der dem offenen Austausch, der Meinungsfreiheit und der Verantwortung jedes Einzelnen für unsere Demokratie gewidmet war.
In den Sälen, auf den Bühnen und im Foyer wurde über die Stärke, die Gefährdung und die Zukunft der Demokratie diskutiert.
Unter den 27 Programmpunkten des Abends war auch unser Beitrag:
Wir vom Afghanen Stammtisch Kehl gestalteten unseren Stand unter dem Titel:
„Frauenrechte in Afghanistan unter den Taliban – und der doppelte Standard der deutschen Politik.“
Unser Stand wurde zu einem Ort der Begegnung – Besucherinnen und Besucher tranken mit uns afghanischen Tee, kosteten traditionelle Süßigkeiten, sahen sich ein kurzes Video an und führten mit uns offene und ehrliche Gespräche über Themen, die oft im Verborgenen bleiben.
Thema 1: Frauen in Afghanistan – Gefangene im eigenen Land
Wir begannen mit dem wichtigsten Thema: dem Schicksal der Frauen und Mädchen in Afghanistan.
Heute sind 2,2 Millionen afghanische Mädchen vom Schul- und Universitätsbesuch ausgeschlossen.
Afghanistan ist das einzige Land der Welt, in dem Mädchen nicht über die Grundschule hinaus lernen dürfen.
Frauen haben ihre Arbeit verloren, Schönheitssalons – einst Orte der Begegnung und Freiheit – wurden geschlossen.
Parks, Fitnessstudios und öffentliche Orte sind für sie verboten.
Sie dürfen nicht ohne männliche Begleitung reisen, und es gibt keinen Schutz vor häuslicher Gewalt.
Öffentliche Auspeitschungen, Zwangs- und Kinderehen sind zur bitteren Realität geworden.
Das Land ist für Millionen von Menschen zu einem „offenen Gefängnis“ geworden.
Thema 2: Internationale Politik und die Taliban – Zwischen Worten und Wirklichkeit
Offiziell wird das Taliban-Regime von keiner Regierung anerkannt.
In der Realität jedoch werden sie wie ein Staat behandelt – mit Bankbeziehungen, Handelskontakten und internationalen Reisen.
Große Mächte wie die USA, Russland, China und auch Deutschland haben – direkt oder indirekt – dazu beigetragen, den Taliban wirtschaftliche und politische Stärke zu verleihen.
Das Tragische: Selbst Menschen, die vor den Taliban geflohen sind, müssen in Europa Dokumente bei Taliban-Vertretungen beantragen.
Das steht in klarem Widerspruch zur UN-Charta, zu den Menschenrechten und zum Grundgesetz.
Thema 3: Deutschland und der doppelte Standard
Wir sprachen auch über die schmerzliche Doppelmoral in der deutschen Politik und öffentlichen Debatte.
Afghanische Geflüchtete werden in Medien und Politik oft mit Kriminalität in Verbindung gebracht –
doch die offiziellen Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zeigen ein völlig anderes Bild.
Die Daten belegen keine überproportionale Kriminalität unter Afghaninnen und Afghanen.
Trotzdem werden diese verzerrten Darstellungen weiter verbreitet – mit Folgen: Angst, Misstrauen und kollektive Stigmatisierung.
Diese Ungerechtigkeit schadet nicht nur einzelnen Menschen, sondern untergräbt auch die Glaubwürdigkeit der Demokratie selbst.
Unsere Botschaft
🕊️ „Wenn Demokratien mit Terrorregimen kooperieren, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit.
Millionen Frauen und Kinder verlieren ihre Zukunft – und wir alle verlieren die Werte, die Demokratie stark machen.“
Diese Botschaft berührte viele Menschen, die an unserem Stand vorbeikamen.
Sie stellten Fragen, hörten zu, erzählten eigene Gedanken – manche waren schockiert, andere traurig, viele dankbar.
Es waren Gespräche voller Empathie, Nachdenklichkeit und gegenseitigem Respekt.
Und eines wurde dabei deutlich:
Demokratie ist nicht nur ein politisches System – sie ist eine gelebte Verantwortung für Menschlichkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit.
Dankbarkeit und Hoffnung
Wir verließen das Kulturhaus an diesem Abend mit tiefer Dankbarkeit –
für all jene, die stehen blieben, zuhörten und mit uns ein Zeichen für die Frauen Afghanistans setzten.
Und wir danken der Stadt Kehl von Herzen, dass sie uns die Möglichkeit gab, diese Stimmen hörbar zu machen.
Organisiert von: Mohammad Akbar Mahmoody, Sunam Kohistani, Zainab Kohistani und Raihana Ghafuri.
Besonderer Dank an: Sadat und Shabnam Ehsamie, Laila Sadaat und Amena Sultan.
Und unser aufrichtigster Dank gilt Raya Gustafson und Robyn Tropf vom Integrationsbüro der Stadt Kehl für ihre Unterstützung, Koordination und ihr großes Herz.
In dieser Nacht – zwischen Tee, Worten und Hoffnung – wurde uns bewusst:
Demokratie beginnt mit Mitgefühl. Und Schweigen angesichts von Unrecht ist niemals neutral.
📅 Datum: 10. Oktober 2025
✍ Autor: Mohammad Akbar Mahmoody